Für viele von uns sind Wespen lästig. Sie tänzeln meist beim Kaffeekränzchen um den Kuchen, wollen beim Grillfest auch ein Stück Fleisch abhaben und klettern sogar in Getränkeflaschen, um sich zu laben. Doch diese kleinen Störungen sollten wir in Kauf nehmen, denn Wespen sind unglaublich wertvoll für unser Ökosystem. Wespen ernähren sich nicht nur von Nektar, Zucker und Obst, sondern auch von anderen Insekten und von Aas. Dadurch wird die natürliche Artenvielfalt im Gleichgewicht gehalten. Wussten Sie, dass ein kleines Wespenvolk am Tag bis zu 3.000 Insekten vertilgen kann? Überraschend viel, oder? Weitere interessante Fakten über Wespen haben wir für Sie gesammelt.
10 Fakten über Wespen
Die Gemeine Wespe, die Deutsche Wespe und die Rote Wespe – drei Wespenarten, die am häufigsten bei uns vertreten sind und mit denen wir sicherlich schon mal in Kontakt gekommen sind. Deutschlandweit gibt es über 600 verschiedene Wespenarten, weltweit sind es über 30.000. beschriebene Arten. Wespen sind für uns also keinen unbekannten Wesen – oder doch? Sehen wir uns mal ein paar überraschende Fakten an.
Fakt 1: Wespen können Gesichtszüge erkennen
Die meisten Insekten erkennen einander nur über chemische Signale (Pheromone). Es gibt aber Insektenarten, die auch Gesichtszüge erkennen können. Forscher der Universität von Michigan haben entdeckt, dass die Papierwespe Gesichter ihrer Artgenossen visuell unterscheiden und wiedererkennen kann. Dabei wurden den Wespen zwei verschiedene Gesichter gezeigt. Bei einem bekamen die Wespen Zucker zur Belohnung, beim anderen nichts.
Das Ergebnis: Die Tiere lernten, das richtige Gesicht zu erkennen. Wurden die Bilder verfälscht, etwa verzerrt, dann hatten die Wespen plötzlich Probleme, sie wiederzuerkennen – genau wie bei uns Menschen. Fazit: Intelligentes Verhalten benötigt nicht viel Hirnmasse, sondern spezialisierte Strukturen.
Fakt 2: Wespen werden vor allem im Spätsommer aggressiv
Ist es Ihnen schon mal aufgefallen, dass vor allem im Spätsommer Wespen immer häufiger auftreten und oftmals auch aufdringlicher werden? Das liegt daran, dass es im Herbst kaum noch Larven gibt, die versorgt werden müssen. Im Frühling und Sommer sind Wespen damit beschäftigt, die Brut zu füttern – mit Eiweiß für die Larven. Als Belohnung bekommen sie von den Larven eine süße Flüssigkeit. Da bei weniger Larven dieser „Lohn“ ausbleibt, müssen Wespen nach anderen Futterquellen suchen – deswegen kommen sie immer öfter zu uns an den Kaffeetisch.
Ein weiterer Punkt ist, dass ab August die alten Königinnen sterben und der Staat sich somit auflöst. Die Wespen haben keine Aufgabe mehr, sind auf sich alleine gestellt und somit zielloser, unruhiger und teilweise auch aggressiver. Und weil sie ohne Königin und Brut weniger zu verlieren haben, werden sie auch mutiger und kommen daher aus Futtertrieb näher an uns Menschen heran.
Fakt 3: Nur weibliche Wespen können stechen
Das liegt daran, dass Männchen gar keinen Stachel haben. Der Grund dafür ist in der Evolution zu finden. Der Stachel war früher nämlich gar kein Stachel, sondern ursprünglich ein Fortpflanzungsorgan. Es diente dazu, Eier in Substrate abzulegen, etwa in Holz oder sogar in Beutetiere. Bei sozialen Wespen wurde dieses Organ im Laufe der Evolution zu einer Waffe umfunktioniert.
Während Weibchen für die Versorgung des Nachwuchses zuständig sind, ist die Hauptaufgabe der Männchen die Befruchtung der Königinnen – danach sterben sie. Weibchen hingegen können bei Bedrohung das Nest mit Hilfe ihres Stachels verteidigen. Manche Wespenarten nutzen ihn auch bei der Jagd. Da Wespen – im Gegensatz zu Bienen – keine Widerhaken am Stachel haben, können sie mehrfach stechen, ohne dass der Stachel abreißt bzw. im Feind steckenbleibt.
Fakt 4: Wespen können „heiß laufen“
Je nach Situation können Wespen ihre Körpertemperatur bewusst regulieren, was lebenswichtig ist.
- Wie bei vielen Insekten arbeiten die Flugmuskeln der Wespen nur bei einer bestimmten Mindesttemperatur, nämlich ab 30 Grad. Daher beginnen sich Wespen vor dem Flug aufzuwärmen. Dies tun sie mit Hilfe ihrer Brustmuskulatur. Ohne diese Aufwärmphase könnten die Tiere bei Kälte nicht fliegen.
- Im Innern des Nestes wird eine stabile Temperatur benötigt – ähnlich wie bei Bienen. Die Wespen wärmen sich daher in der Sonne auf und kommen dann mit erhöhter Körpertemperatur zurück ins Nest, um die Brut zu stabilisieren.
- Es gibt sogar Wespenarten, wie die Japanische Riesenhornisse, die Wärme als Waffe einsetzt. Sie bildet dabei eine sogenannte „Wärmekugel“, in die Eindringlinge eingeschlossen werden. Innerhalb dieser Kugel entstehen Temperaturen von bis zu 47 Grad, wodurch die Insekten an Überhitzung sterben. Die Wespen selbst können diese Temperatur aushalten.
- Die Körpertemperatur von Wespen liegt bei Ruhe zwischen 15 und 25 Grad.
Fakt 5: Wespen stehlen Bienen Honig
Dieses Phänomen ist vor allem im Spätsommer und Frühherbst zu beobachten, nämlich dann, wenn die eigene Futterversorgung knapper wird. In diesem Fall können Wespen (bekannt dafür sind die Gemeine Wespe und auch die Deutsche Wespe) oder Hornissen in Bienenstöcke eindringen und dort Honig stehlen. Sogenannte Späherwespen orten einen geschwächten oder unbewachten Bienenstock und rauben dort Honig direkt aus den Waben. Sie können aber auch Wachs, Brut oder tote Bienen mitnehmen und damit die eigene Brut füttern oder die Nahrung für Arbeiterinnen zur Verfügung stellen.
Werden Wächterbienen darauf aufmerksam, kommt es zum Kampf, denn sie verteidigen den Bienenstock mit ihrem Leben. Da Wespen oft agiler sind und stärkere Kiefer besitzen, können sie Bienen dadurch töten. Bei einem schwachen Bienenvolk kann ein solcher Wespenangriff das Ende des Volks bedeuten.
Fakt 6: Die meisten Wespen sind Einzelgänger
Von den weltweit rund 30.000 beschriebenen Wespenarten leben nicht einmal 10 % in einer Gemeinschaft. Stattdessen sind sie Einzelgänger, leben also solitär, das heißt, ohne Königin und ohne Arbeiterinnen. Es gibt weltweit nur etwa 1.000 Arten, die sozial leben, darunter allerdings auch die bei uns bekannte Deutsche Wespe und die Gemeine Wespe.
Solitär lebende Wespen sind Weibchen, die für sich selbst ein Nest bauen, dort Eier ablegen und Nahrung für die Larven sammeln. Ist der Vorrat angelegt, sterben sie, ohne die Brut je wieder zu sehen. Es gibt also keine Königin, keine Arbeiterinnen und somit keine Arbeitsteilung.
Viele solitäre Wespen, darunter die Wegwespen und die Grabwespen, jagen andere Insekten oder Spinnen, lähmen diese durch ihr Gift, töten sie aber nicht. Die gelähmte Beute wird dann in das Nest gebracht und darauf ein Ei abgelegt. Die Larve frisst schließlich die noch lebende Beute von innen her auf.
Beispiele für solitär lebende Wespen:
Wespenart | Lebensraum | Beute |
Grabwespe | Sand, Erde | Fliegen, Raupen |
Wegwespe | Boden, Spalten | Spinnen |
Lehmwespe | Mauerfugen, Hohlräume | Insekten, meist Raupen |
Goldwespe | Parasiten anderer Wespen | Keine eigene Brutpflege |
Fakt 7: Wespen kommunizieren durch Duftstoffe
In Fakt 1 haben wir gelernt, dass Wespen Gesichtszüge erkennen können. In der Regel kommunizieren Wespen aber durch Pheromone. Das sind chemische Signalstoffe, die eine Botschaft zwischen den Artgenossen übertragen. Produziert werden diese Duftstoffe von speziellen Drüsen und werden dann über die Luft, das Nestmaterial oder die Köperoberfläche verbreitet. Wespen haben – wie auch viele andere Insekten – in ihren Fühlern hochsensible Geruchsorgane, mit denen sie bereits winzige Mengen der Pheromone erkennen können.
Dabei gibt es ganz unterschiedliche Pheromone für verschiedene Kommunikationswege:
- Alarmpheromone: Diese werden bei Gefahr ausgestoßen, wenn eine Wespe gestresst ist oder gar getötet wird. Der Duft lockt andere Wespen an und macht sie aggressiv. Aus diesem Grund sollte man Wespen nicht durch Schlagen oder Fuchteln reizen, da die Chance besteht, andere Wespen anzulocken.
- Nest- und Heimfindepheromone: Wespen können Neststandorte, Einfluglöcher oder Futterrouten mit Duftstoffen markieren. Das hilft ihnen, aber auch den Artgenossen, sich zu orientieren.
- Königinnenpheromone: In sozialen Staaten geben Wespenköniginnen Pheromone ab, die ihren Status sichern, die Arbeiterinnen daran hindern, eigene Eier abzulegen und das Sozialverhalten im Nest regulieren.
- Sexualpheromone: Zur Paarungszeit sondern Weibchen Duftstoffe ab, um Männchen anzulocken. Diese Signale sind in der Regel artspezifisch, wodurch eine Fehlpaarung vermieden wird.
Fakt 8: Wespen haben 5 Augen
Die Wespenaugen bestehen aus 2 Facettenaugen und aus 3 Punktaugen. Die Facettenaugen haben die Funktionen, Bewegungen sehr schnell zu erkennen, Farben – auch im UV-Spektrum – zu sehen, Muster und Formen zu erkennen und zielgerichtet navigieren zu können. Die Punktaugen, auch Ocelli genannt, können keine Bilder sehen, aber können die Lichtintensität messen, helfen bei der Flugstabilisierung, unterstützen bei der Tag-Nacht-Orientierung und dienen vermutlich als sogenannte Himmelssensoren für die Navigation nach Sonnenstand.
Durch die Kombination dieser beiden Augentypen können Wespen extrem effizient fliegen und jagen. Sie können in komplexen Umgebungen auf Angriffe, Hindernisse oder Bewegungen sehr schnell reagieren. Durch das Erkennen von UV-Licht können Wespen gezielt Blüten anfliegen, die ein spezielles UV-Muster zur Bestäubungslenkung haben.
Fakt 9: Wespen haben einen guten Orientierungssinn
Der Orientierungssinn von Wespen ist hochentwickelt, sodass sie perfekt navigieren können und zuverlässig Futterquellen und natürlich auch zu ihrem Nest zurückfinden.
Wespen haben ein visuelles Gedächtnis, mit dem sie sich Landschaftsmerkmale, Muster und Formen in der Umgebung einprägen können, wie etwa Bäume, Gebäude, Zäune oder Blütenformen. Beim Verlassen ihres Nestes führen sie oftmals Orientierungsflüge durch, bei denen das Umfeld genau gemustert wird. Außerdem nutzen die Tiere Landmarken, also feste Objekte in der Umgebung, um ihren Weg zu finden. Zudem können sie den Sonnenstand als Kompass nutzen und sogar das polarisierte reflektierte Licht des Himmels wahrnehmen. Als Ergänzung nutzen sie die bereits angesprochenen Duftmarken.
Fakt 10: In manchen Feigen stecken tote Wespen
Feigen gehen eine enge Symbiose mit der Feigenwespe ein. Dazu muss man wissen, dass Feigen botanisch gesehen keine Frucht ist, sondern ein „Blütenstand nach innen“, auch Syconium genannt. Das bedeutet, dass die Blüten im Innern der Frucht sitzen und somit nicht frei zugänglich sind. Herkömmliche Insekten können Feigen also nicht bestäuben. Und hier kommt die Feigenwespe ins Spiel:
- Feigenwespen schlüpfen in einer männlichen Feige, auch Gallfeige genannt. Dort gibt es männliche Blüten, in denen sie die Pollen aufnimmt. Gleichzeitig paaren sich Männchen mit den Weibchen im Innern der Feige. Die Männchen sterben und verlassen die Feige somit niemals. Die Weibchen verlassen die Feige mit dem Pollen am Körper.
- Das Weibchen kriecht nun in eine unreife weibliche Feige, auch Samenfeige genannt, und bestäubt dort die Blüten im Innern.
- Da das Loch so eng und winzig ist, verliert die Wespe beim Eindringen Flügel und Fühler, weswegen sie nicht mehr herauskommt.
- Die Feigenwespe stirbt in der weiblichen Feige, die sich dann zu samenhaltigen Feigen entwickelt, die wir als essbare Früchte kennen.
- Die tote Wespe wird von der Feige durch ein spezielles Enzym vollständig zersetzt. Das Essen von Feigen ist daher nicht gefährlich und Sie müssen sich davor auch nicht ekeln.