Dass Regenwürmer gut für unsere Böden sind, muss man wohl nicht mehr betonen – glücklich kann sich jeder schätzen, der in seinem Garten viele der Würmer findet, denn dann hat er eine sehr gute Erde, auf der viel wächst. Regenwurm ist aber nicht gleich Regenwurm, denn es gibt weltweit über 3.000 unterschiedliche Arten – allein in Deutschland sind es 46. Die bekanntesten davon sind der Tauwurm und der Kompostwurm. Zu den verschiedenen Arten gehören zum Beispiel der Gemeine Regenwurm (Lumbricus terrestris), der vor allem in Mitteleuropa vorkommt, aber auch der afrikanische Regenwurm (Eudrilus eugeniae) und der asiatische Regenwurm (Perionyx excavatus). Regenwürmer sind faszinierende Tiere mit spannenden Fakten, die Sie womöglich noch nicht kennen.
10 Fakten über Regenwürmer
Fakt 1: Körperteile von Regenwürmern können nachwachsen
Immer wieder ist zu hören, dass aus einem zerteilten Regenwurm zwei lebende Würmer werden. Das ist ein Mythos, der nicht stimmt. Allerdings kann sich ein Regenwurm, der eine Verletzung aufweist und dadurch einen Teil seines Körpers verliert, regenerieren. Die Tiere besitzen Stammzellen-ähnliche Zellen, die sich bei einer Verletzung aktiv teilen und so neues Gewebe bilden. Dieser Prozess wird durch Hormone und Gene gesteuert, die das Zellwachstum und die Musterbildung kontrollieren.
Allerdings kommt es darauf an, wo der Regenwurm die Verletzung hat. Die Würmer bestehen aus bis zu 150 Segmenten, die verschiedene Funktionen haben. Wird ein Regenwurm verletzt oder geht ein Teil seines Körpers verloren, kann er sich unter bestimmten Bedingungen regenerieren:
Regenwürmer, deren hintere Körperhälfte betroffen ist und die Verletzung nach dem Clitellum (Gürtel, verdickter Ring am vorderen Drittel des Körpers) aufweisen, haben eine gute Chance, zu überleben – allerdings kann er sich durch die große Wunde schnell eine Infektion einhandeln und doch noch sterben. Ist die vordere Körperhälfte vor dem Clitellum betroffen, ist eine Regeneration nicht mehr möglich.
Fakt 2: Regenwürmer haben weder Augen noch Ohren aber einen Mund
Ein klassisches „Gesicht“ haben Regenwürmer nicht, dafür fehlen ihnen die Augen und die Ohren. Einen Mund haben sie allerdings, der sitzt vorne an der Unterseite des Körpers im ersten Segment. Mit diesem Mund, der eine muskulöse und dehnbare Öffnung ist, kann der Wurm Erde und organisches Material quasi einsaugen – deswegen braucht er auch keine Zähne. Wichtig ist auch ein bewegliches Prostomium, was mit einer Oberlippe gleichzusetzen ist, und was ihm beim Graben hilft.
Augen sucht man bei Regenwürmern vergeblich, die braucht er aber auch nicht, denn seine Haut besitzt lichtempfindliche Zellen, die auf Helligkeit und Dunkelheit reagieren. Da Regenwürmer normalerweise lichtscheu sind und sich im Dunkeln bewegen, bemerken sie sehr schnell, wenn sie an der Erdoberfläche sind.
Auch Ohren besitzen die Tiere nicht, daher können sie nicht im klassischen Sinne hören. Allerdings nehmen sie Vibrationen im Boden war und nehmen diese über feine Rezeptoren in der Haut auf. So erkennen sie zum Beispiel grabende Tiere und sogar Regen.
Fakt 3: Regenwürmer können bis zu 3 Meter lang werden
Unsere heimischen Regenwürmer erreichen Längen von ca. 6 bis12 Zentimeter (Roter Waldregenwurm) bis hin zu 20 bis 30 Zentimetern (Gemeiner Regenwurm). Unter den vielen Arten von Regenwürmern sind aber auch richtige Lulatsche dabei. Zu den größten ihrer Art gehört der Giant Gippsland Earthworm aus Australien, der 3 Meter Länge erreicht. Auch der Microchaetus rappi aus Südafrika bringt Längen von bis zu 2 Metern hervor, genauso wie der Amynthas mekongianus, der ebenfalls über 2 Meter lang werden kann.
Fakt 4: Regenwürmer sind Zwitterwesen
Regenwürmer werden nicht in Männchen und Weibchen eingeteilt, denn sie besitzen sowohl Hoden, also auch Eierstöcke, es handelt sich also um Zwitter. Trotdem können sie nicht alleine für Nachwuchs sorgen, sondern benötigen einen Partner, um sich gegenseitig zu befruchten. Und so funktioniert der Paarungsakt:
- Zwei Regenwürmer treffen sich zum nächtlichen Rendezvous, meist bei feuchtem Wetter.
- Die Würmer legen sich mit den Bauchseiten aneinander und zwar entgegengesetzt ausgerichtet, damit die Geschlechtsöffnungen aneinander liegen können.
- Beide Würmer tauschen nun Spermien über spezielle Schleimkanäle aus. Diese Spermien werden in einem Samenbehälter gespeichert.
- Nach der Paarung bildet der Wurm mit seinem Clitellum einen Schleimring, in den die eigenen Eizellen und die empfangenen Spermien abgegeben werden.
- Der Schleimring wird nach vorne über den Kopf geschoben und verschließt sich. Dabei entsteht ein Ei-Kokon, der im Boden abgelegt wird. Je nach Art schlüpfen aus dem Kokon 1 bis 5 junge Regenwürmer.
Fakt 5: Regenwürmer haben 5 „Herzen“
Ein klassisches Herz, wie es bei uns Menschen oder anderen Tieren zu finden ist, haben Regenwürmer allerdings nicht. Stattdessen 5 Paar muskulöser Aortenbögen, also 10 kleine Pumparterien, die wir kleine Pumpen funktionieren und die Funktionen übernehmen, die bei uns das Herz erfüllt. Die „Herzen“ liegen im vorderen Körperabschnitt, etwa zwischen dem 7. und 11. Segment, also sehr nahe am Gehirn. Die Aortenbögen pumpen Hämolymphe (vergleichbar mit Blut) vom Rücken- in den Bauchbereich. Sie halten so den Kreislauf in Gang, indem sie rhythmisch kontrahieren. Sie arbeiten synchron, also wie ein gemeinsames System. Dabei transportiert das Rückengefäß (Dorsalgefäß) das Blut nach vorne, das Bauch-Gefäß (Ventralgefäß) nach hinten.
Fakt 6: Regenwürmer halten „Winterschlaf“
Was machen Regenwürmer eigentlich im Winter? Sie halten dann eine Art Winterschlaf, genauer gesagt, eine Winterruhe. Sobald es draußen kälter wird und die Temperaturen dauerhaft unter 5 bis 8 Grad fallen, ziehen sich Regenwürmer tiefer in den Boden zurück und zwar dorthin, wo der Boden nicht gefriert. Das ist wichtig, da Regenwürmer bei Frost sterben würden. Dort legen sie sich in eine geschützte, feuchte Kammer, die sie mit Schleim auskleiden, um nicht auszutrocknen. Nun wird der Stoffwechsel stark heruntergefahren, es findet kaum Bewegung statt, auch keine Nahrungsaufnahme und somit kaum Energieverbrauch. Diese Kältestarre ist kein aktiver Schlaf, sondern eine Art natürlicher „Energiesparmodus“, ähnlich wie bei Insekten oder Fröschen. Steigen die Temperaturen im Frühling wieder und liegen diese dauerhaft über 5 bis 10 Grad, werden sie wieder aktiv und graben sich durch den Boden.
Fakt 7: Regenwürmer können 8 Jahre und älter werden
Hätten Sie gedacht, dass Regenwürmer ein Alter von 8 Jahren und teilweise sogar mehr erreichen können? Im Schnitt leben sie 2 bis 6 Jahre, was auch schon ein stolzes Alter für einen Wurm ist. Das Lebensalter hängt dabei von verschiedenen Faktoren ab:
| Faktor | Einfluss auf die Lebensdauer |
| Winter | Frost ist tödlich für Regenwürmer, daher graben sie sich tief in den Boden ein. |
| Fressfeinde | Vor allem an der Erdoberfläche lauern mit Vögeln, Igel, Kröten etc. Gefahren. Aber auch in der Erde können Regenwürmer auf Feinde treffen, zum Beispiel auf Maulwürfe. |
| Feuchtigkeit | Regenwürmer trocknen schnell aus, weswegen trockene Böden sehr gefährlich für die nützlichen Tiere sind. |
| Nahrung und Bodenqualität | Reiche, humose Böden fördern das Wachstum und die Langlebigkeit. |
| Fang und Zuchtbedingungen | In Laboren oder Zuchtanlage leben Regenwürmer daher oft länger als in der freien Natur. |
Fakt 8: Regenwürmer haben keine Lungen
Regenwürmer haben zwar ein Gehirn, mehrere Herzen und auch einen Verdauungsapparat, aber sie haben keine Lungen. Die brauchen sie auch nicht, denn die Tiere atmen durch die Haut. Voraussetzung ist, dass die Haut immer feucht ist, damit der Sauerstoff aus der Umgebungsluft durch die Haut ins Blut diffundieren kann. Der Sauerstoff wird dann mit dem Blut durch den Körper transportiert. Neben der feuchten Haut ist auch die die Stärke der Haut für die Atmung entscheidend. Daher ist die Haut der Regenwürmer sehr dünn (man kann sogar die Organe durchscheinen sehen) – das ist ideal für den Gasaustausch. Aus diesem Grund können Regenwürmer auch nicht ertrinken und können sogar eine lange Zeit im Wasser überleben, sofern dieses ausreichend Sauerstoff enthält.
Vielleicht haben Sie sich schon immer die Frage gestellt, warum Regenwürmer bei Regen aus dem Boden kommen? Dies liegt nicht etwa daran, dass sie vor dem Wasser flüchten und Gefahr laufen, zu ertrinken, sondern weil sie sich bei Regen an der Oberfläche ohne auszutrocknen auf Nahrungssuche begeben.
Fun Fact: Der Name Regenwurm kommt aber nicht daher, dass der Wurm bei Regen aus der Erde kommt (was naheliegend wäre), sondern vom Wort „rege“. Früher beobachteten die Menschen den Wurm bei seiner regen Tätigkeit im Boden und nannten ihn daher „reger Wurm“, woraus im Laufe der Zeit Regenwurm wurde.
Fakt 9: Regenwürmer können bis zu 7 Meter tief graben
Regenwürmer sind wahre Tiefbau-Spezialisten! Wenn der Boden locker genug ist, können sie Tiefen von bis zu 7 Metern erreichen, im Schnitt liegt die Grabetiefe aber bei 1 bis 3 Metern, was für dieses kleine Tier auch schon eine stolze Zahl ist. Tief in die Erde kommen sie übrigens mit Hilfe ihrer starken Ring- und Längsmuskeln. Diese erweitern den Boden durch Dehnung und Kontraktion. Dabei wirkt die vordere Körperhälfte wie ein hydraulischer Presskopf. Um den Boden zu schmieren und die Tunnel zu stabilisieren, sondern sie zudem Schleim ab.
Warum aber graben die Würmer überhaupt so tief? Zum einen ist es im Sommer in tieferen Schichten kühler und im Winter frostfrei. Dann ist tiefer Boden oft feuchter, wodurch sie besser atmen können und nicht austrocknen. Auch können Sie sich in tieferen Regionen besser vor Fressfeinden schützen.
Fakt 10: Regenwürmer stemmen das 50-fache ihres Körpergewichts
Bleiben wir noch mal beim Graben und staunen weiterhin über die Leistung der kleinen Regenwürmer. Denn sie können allein durch ihre Muskelkraft das 50-fache – und oftmals sogar noch mehr – ihres eigenen Körpergewichts stemmen und bewegen. So graben sie sich nicht nur in die Erde ein, sondern schieben auch Pflanzenreste, Steinchen oder andere Hindernisse zur Seite. Im Vergleich zum Menschen müssten wir ein kleines Auto anheben, um eine solche Kraft aufzuwenden.
Neben dem Tunnelbau benötigen Regenwürmer ihre Kraft auch für den Transport von organischen Materialien wie Blätter oder Pflanzenreste, die sie in ihre Gänge ziehen. Außerdem zur Flucht und einem schnellen Rückzug in ihre Röhren, wenn Gefahr droht.