Wer hat nun eigentlich die Tomate nach Europa gebracht? Darüber streiten sich die Historiker noch. Hernán Cortés soll die Pflanzen mit nach Europa gebracht haben. Er soll die Früchte und Pflanzen nach der Eroberung Mexikos mit nach Spanien gebracht haben. Doch die Tomaten waren nicht gleich begehrt. Während die Spanier sich schon bald die wunderbaren Früchte schmecken ließen, waren sie in Deutschland lange Zeit nur eine Zierpflanze in den Gärten der Adligen.
Goldäpfel für den Herzog de’Medici
Der toskanische Herzog Cosimo de’Medici soll im Oktober 1548 von seinen Landgütern einen Korb voller exotischer Früchte erhalten haben. Ob er sie verzehrt hat? Das sagt die Geschichte nicht. Eigentlich hatte er die Goldäpfel nur als Schaupflanzen anbauen lassen, denn sie waren noch unbekannt. Mit dieser kleinen Geschichte wurde die Tomate zum ersten Mal in Europas Geschichte schriftlich erwähnt. Auch wenn die Pflanzen lange Zeit lediglich als Schmuck in den Gärten der Renaissance angebaut wurden, so ist das der Beginn einer unvergleichlichen Geschichte. In den folgenden Jahren hatten die Früchte noch so manche Geschichte zu erzählen. Bis sie allerdings zum beliebtesten Gemüse wurden, dauerte es sehr lange.
Mysteriöse Todesfälle unter den Adligen
Besonders in Nordeuropa und England brachte man den Früchten aus Übersee nicht viel Vertrauen entgegen. Der Grund waren mysteriöse Todesfälle in gesellschaftlichen Kreisen nach dem Genuss der Paradiesäpfel. Natürlich wurde die Schuld den Tomaten zugeschoben. Tatsächlich waren diese aber nur bedingt Schuld. Adlige aßen nicht aus Holzschüsseln, sondern von Tellern aus Hartzinn. Das Material war bleihaltig. Durch die Säure der Früchte kam es zu einer chemischen Reaktion, bei der das Blei freigesetzt wurde und in die Frucht gezogen wurde. Die Folge war eine Bleivergiftung. Die Menschen der unteren Schichten waren dieser Gefahr nicht ausgesetzt, denn diese konnten sich die teuren Teller nicht leisten und aßen aus Holzschüsseln. Erst Jahrhunderte später wurde der wahre Grund erkannt.
Die Tomaten und die Viersäftelehre
In Europa galt die Tomate wie die Kartoffel lange Zeit als Giftpflanze. Schließlich gehörte sie zu den Nachtschattengewächsen. Diese hatten zwar auch damals schon eine Bedeutung. Allerdings nicht als Nahrungsmittel, sondern als Arzneipflanze und Genussmittel. Das enthaltene Solanin wirkt auf das Nervensystem. Und so waren auch Tomaten zuerst ein Heilmittel. Auch als bekannt war, dass rote Tomaten nicht giftig sind, wurden sie nicht gleich in der Küche verwendet. Grund dafür war die damalige Krankheitslehre, die als Viersäftelehre bezeichnet wurde.
Nach dieser Lehre wurden Lebensmittel in das galenische Viererschema eingeteilt. Sie waren warm, kalt, feucht oder trocken. Tomaten wurden am äußersten Rand platziert. Sie galten als feucht und kalt. Deshalb waren Tomaten ungesund. Sie wurden lediglich gegessen, wenn das Säftegleichgewicht genau in diese Richtung verschoben werden musste. War das nicht der Fall, drohte ein Übergewicht an Schleim, was zu Trägheit und Verwirrung führen sollte.
Aphrodisiakum Tomate
Schon die österreichische Bezeichnung Paradeiser sagt alles: Tomaten galten in einigen europäischen Ländern als Aphrodisiakum, das die Sinne verwirrte. In einigen Ländern wurden die Früchte als Paradiesapfel oder Liebesapfel bezeichnet. Die pralle Form und die rote Farbe wurden in der Kirche mit dem Apfel der Erkenntnis in Verbindung gebracht, von dem Adam und Eva gekostet haben sollen.
Das erste Rezept für Tomatensoße
Am Ende des 17. Jahrhunderts wurden Tomaten immer bekannter und auch beliebter. Ein Grund mag die erste Erwähnung der Früchte in einem Kochbuch von Antonio Latini sein. Latini war Koch am Hof von Neapel. 1694 erschien sein Buch „Lo scalco alla moderna“. Das Kochbuch enthielt drei Rezepte, bei denen Tomaten verwendet wurden. Darunter auch eine Tomatensoße. Endlich hatten die roten Früchte den Sprung auf die Teller geschafft.
Endlich Tomatenketchup!
Darauf hatte die Welt gewartet – oder auch nicht. Bereits im frühen 19. Jahrhundert tauchten die ersten Rezepte für Tomatenketchup in den USA auf. Doch erst der deutschstämmige Unternehmer John Henry Heinz begann im Jahr 1876, den Ketchup auch industriell zu produzieren. Übrigens gab es Ketchup schon vorher. Schon im 17. Jahrhundert wurde das Wort für eine Sauce verwendet. Nur hatte die so ganz und gar nichts mit Tomaten zu tun. Vermutlich kam der Begriff aus Indonesien. 1727 waren die ersten Ketchup-Rezepte in einem englischen Kochbuch zu lesen. Gemeint war eine Sauce aus Weißwein, Weinessig, Sardellen und Schalotten. Da ist uns doch der heutige Tomatenketchup lieber.
Die Pizza auf dem Weg zum Erfolg
Im 18. Jahrhundert kam ein Fladenbrot mit Olivenöl, Tomatenscheiben und Basilikum oder Oregano aus den italienischen Küchen. Vor allem in Süditalien wurde die Pizza schnell populär. Allerdings konnte die Pizza nicht in jedem Haushalt gebacken werden, denn für die Herstellung wurden hohe Temperaturen benötigt. Und so wurde die Pizza vorbereitet und anschließend beim Bäcker des Ortes gebacken. Es dauerte natürlich nicht lange, bis sich der Beruf des Pizzamachers herauskristallisierte.
Am 11. Juni 1889 wurde übrigens zum ersten Mal die Pizza Margherita in Neapel gebacken. Die Pizza war der Gemahlin von König Umberto I. gewidmet und wurde in den italienischen Nationalfarben gebacken.
Tomatensamen auf der ganzen Welt
Tomaten waren lange Zeit nur in den Gärten der Reichen und Schönen zu finden. Bis Tomaten weltweit auch kommerziell angebaut wurden, verging viel Zeit. Der amerikanische Samenhändler Alexander W. Livingston war der Pionier beim kommerziellen Tomatenanbau. Etwa in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts unternahm er mit verschiedenen Tomatensorten Kreuzungsversuche. Die Tomaten sollten größer, geschmackvoller und saftiger werden. Dabei entstanden viele neue Sorten, die einen kommerziellen Anbau erst möglich machten. Die Sorten waren die Grundlage des gewerbsmäßigen Anbaus. Die USA gehören heute übrigens zu den wichtigsten Produzenten von Tomaten.
Und woher kommt das Wort „Tomate“?
Die Bezeichnung der Früchte als „Tomate“ entstand erst sehr spät. Ich bin 19. Jahrhundert bürgerte sich der Begriff ein. Er ist an die Sprache der Azteken angelehnt. Diese bezeichneten die Pflanzen als „xitomati“. Die Bezeichnung bedeutet so viel wie anschwellen und geht vermutlich auf die pralle Form der Früchte zurück. Die Spanier übernahmen das Wort als Tomate in ihren Sprachgebrauch.